DIALEKTVARIANZ IN DER HISPANOPHONIE-DAS SPANISCH DER PHILIPPINEN
DIALEKTVARIANZ IN DER HISPANOPHONIE-DAS SPANISCH DER PHILIPPINEN Daniela Berger Seminar: Die Verbreitung des Spanischen: areale und soziolektale Parameter. WS 1998/99 Seminarleiter: Prof. Ralph Ludwig INHALTSVERZEICHNIS Einleitung...............................................................................................................1 Die spanische Kolonialepoche.................................................................................1 Die sprachliche Situation auf den Philippinen..........................................................2 Die Rolle der spanischen Sprache...........................................................................5 Einfluß des Spanischen auf die indigenen Sprachen.................................................7 Chabacano..............................................................................................................8 Chabacano - Kreol oder Pidgin?............................................................................10 Tagalog und Filipino.............................................................................................12 Schlußbemerkung.................................................................................................15 Bibliographie........................................................................................................16 EINLEITUNG Diese Ausarbeitung soll einen Einblick in die Situation des Spanischen auf den Philippinen geben. Welche Rolle spielt die ehemalige Kolonialsprache heute auf dem Archipel? In welcher Weise beeinflußte sie die indigenen Sprachen beziehungsweise inwieweit wurde sie von den philippinischen Sprachen beeinflußt? Des weiteren soll auf ein Spanischkreol, das Chabacano, näher eingegangen werden. Diese und andere Fragen sollen Gegenstand der folgenden Arbeit sein. DIE SPANISCHE KOLONIALEPOCHE Im März 1521 entdeckte der im Dienste Spaniens stehende Portugiese Fernão de Magalhães (Ferdinand Magellan) die Philippinen und machte Besitzansprüche für das gesamte Gebiet geltend, in dem die Spanier ihre Herrschaft jedoch erst 1565 etablieren konnten. Bis Ende des 16. Jahrhunderts hatten sie die Inselkette, mit Ausnahme des islamischen Südens, unter ihre Kontrolle gebracht. Spanien verfolgte dabei zwei Interessen: einerseits den Konkurrenten Portugal auszuschalten und sich somit das Monopol im Gewürzhandel (Molukken = Gewürzinseln) zu sichern und andererseits den Archipel zu christianisieren. Sie wurden dabei tatkräftig von der Kirche, besonders von einigen Orden, unterstützt, die den Katholizismus verbreiten wollten. Manila wurde zum Umschlaghafen für den Handel zwischen China und Mexico. Spanien errichtete in dem Land ein feudales Gesellschaftssystem und beutete die Filipinos rücksichtslos aus (Polo = Frondienste; Vandala / Bandala = Abgaben) . Man begann mit der Errichtung großer Kokosplantagen, die als reine Monokulturen für die industrielle Weiterverarbeitung und den Export dienten. Die einheimischen Bauern wurden zunehmend Opfer internationaler Monopole und zu schlechtbezahlten besitzlosen Landarbeitern auf zum Teil riesigen Haziendas . Die Folge waren blutige Aufstände, die ab den siebziger Jahren in eine Unabhängigkeitsbewegung und 1896 in die Revolution gegen die spanischen Kolonisatoren mündeten. Am 12.06.1898, nach 333 Jahren der Kolonialherrschaft, erklärten die Filipinos ihre Unabhängigkeit, welche allerdings lediglich ein halbes Jahr währen sollte. Nach dem Spanisch-Amerikanischen Krieg verkaufte Spanien die Philippinen für die Entschädigungssumme von 20 Mio.$ an die USA . Die Phase der Fremdbestimmung setzte sich fort, denn auch die USA gewährten den Philippinen nicht die versprochene Selbstbestimmung. Die Spanier hatten lediglich versucht, die Filipinos zu guten Katholiken zu erziehen. Die Amerikaner indessen wollten sie zu guten Amerikanern machen. Im Zweiten Weltkrieg kämpfte die philippinische Bevölkerung an der Seite der Amerikaner gegen die Japaner, denen es 1942 gelang, die Inseln zu besetzen. Erst am 04. Juli 1946 erhielten die Philippinen ihre volle Unabhängigkeit. DIE SPRACHLICHE SITUATION AUF DEN PHILIPPINEN Die spanische Sprache kam im 16. Jahrhundert auf die Philippinen. Die Sprache der europäischen Eroberer traf dort nicht nur auf indigene Sprachen, sondern auch auf ein portugiesisches Kreol. Dies geschah beispielsweise auf der Molukkeninsel Ternate. Die Portugiesen hatten das Feld räumen müssen, später folgten ihnen die Spanier. Mit Sicherheit blieb jedoch ein Teil der entstandenen portugiesischen Kreolsprache auf Ternate erhalten. Durch Mischehen zwischen Spaniern, mexikanischen Mestizen (die als Soldaten auf dem Archipel eingesetzt waren) und der indigenen Bevölkerung kam es zu einer gegenseitigen Beeinflussung der Reste dieses Portugiesisch-Kreols und der spanischen Sprache, was laut Keith Whinnom eine Rekreolisierung und die Entstehung des Spanisch-Kreols zur Folge hatte . Der Einfluß des Standardspanischen auf die spanische Kreolsprache ist vergleichsweise gering, was sich dadurch erklären läßt, daß den spanischen Missionaren nicht sehr viel daran gelegen war, ihre Muttersprache zu verwenden, um die Filipinos zu christianisieren. Sie erreichten erstens viel mehr und dies in kürzerer Zeit, indem sie sich der dort gesprochenen Sprachen bedienten, anstatt den Filipinos mühsam Spanisch beizubringen. Zweitens hätten sie, um sich zu verständigen, Übersetzer zu Rate ziehen oder aber sich der Zeichensprache bedienen müssen, wie Dokumente über erste Kontakte bezeugen. Die Missionare erlernten also die indigenen Sprachen, machten sich Notizen über das Gehörte und diskutierten dies anschließend miteinander. Daraus entstanden später zahlreiche Grammatiken sowie Wörterverzeichnisse, von denen uns ein Teil erhalten geblieben ist. Außer den Missionaren sprach nur das dort stationierte Militär in den Garnisonen Spanisch. Da die einheimische Bevölkerung aber wenig direkten Kontakt zu den Soldaten in den Stützpunkten hatte, kam es auch von dieser Seite nicht zu einer nennenswerten Weiterverbreitung der Sprache. Ende des 18. Jahrhunderts gab es eine bedeutende sprachpolitische Wende: man verbot den Unterricht des Katechismus in den indigenen Sprachen. Von nun an sollte dies nur noch auf Spanisch verwirklicht werden, was allerdings auf Kosten des Religionsunterrichts geschah. Trotzdem sprachen im Jahre 1870 lediglich 2,5% der Bevölkerung Spanisch. Diese gehörten zu einer kleinen Elite von Spaniern oder christianisierten Filipinos . Etwa 130 Jahre später, durch den Erlaß eines königlichen Dekrets, erfuhren die philippinischen Sprachen eine Wiederaufwertung und hielten Einzug in die Universitäten: „Se establece la enseñanza de idiomas filipinos en Madrid, Barcelona y Manila. Dicha enseñanza comprenderá necesariamente el tagalogo y el visaya, y además alguno por lo menos de los otros dialectos insulares (...)” Die Niederlage im Spanisch-Amerikanischen Krieg führte endgültig zum Verlust der Souveränität Spaniens auf den Philippinen. Von nun an übernahmen die USA die Vorherrschaft in dem Land, das erst Monate zuvor seine Unabhängigkeit von der spanischen Krone erklärt hatte. Der Erfolg des Englischen war enorm: fünf Jahre nach der Machtübernahme der Amerikaner waren unter der philippinischen Bevölkerung gerade einmal 800.000 hispanophone Einwohner zu verzeichnen. Im Jahre 1969 ergab eine Untersuchung eine Sprecherzahl von 1.377.000 spanischsprachiger Filipinos, von denen etwa 600.000 Sprecher des Chabacano waren. Dies entspricht 7,2 % der insgesamt 19 Millionen Einwohner . Mit der Ernennung der Philippinen 1934 zum „Commonwealth of the Philippines” galten beide Sprachen, sowohl das Spanische als auch das Englische, als offizielle Sprachen, was sich erst mit der völligen Unabhängigkeit der Philippinen im Jahre 1946 änderte. Man stand nun vor dem Problem, welche Sprache man zur Staatssprache erklären sollte, denn beide eben genannte Sprachen waren Fremdsprachen. In einer solchen Situation gibt es zwei Möglichkeiten: entweder ein Mischsprache zu schaffen, die Elemente aller existenten Sprachen in sich vereint, oder aber eine der Varietäten als maßgebend zu erklären. Hierbei besteht allerdings die Gefahr, daß sich die Sprecher der anderssprachigen Bevölkerungsgruppen oft benachteiligt fühlen und die neue Landessprache ablehnen. Es wurde erwogen, durch Verschmelzung der Inselsprachen eine dritte, künstliche zu schaffen, die sich aber nicht behaupten konnte. Schließlich wurde Tagalog, die Sprache der Tagalen, zur Nationalsprache deklariert. Spanisch hingegen verlor auf den Philippinen mehr und mehr an Bedeutung (obwohl diese Sprache an zweiter Stelle der Weltsprachen steht). Dies spiegelt sich ebenfalls in der unter Präsidentin Corazón Aquino (der Witwe des 1983 ermordeten Oppositionspolitikers Benigno Aquino) erarbeiteten philippinischen Verfassung von 1987 wider, in der es heißt: „The national language of the Philippines is Filipino. As it involves, it shall be further developed and enriched on the basis of existing Philippine and other languages. (...) For purposes of communication and instruction, the official languages of the Philippines are Filipino and, until otherwise provided by law, English. The regional languages are the auxiliary official languages in the regions and shall serve as auxiliary media of instruction therein. Spanish and Arabic shall be promoted on a voluntary and optional base.” Die Betrachtung der sprachlichen Situation auf den Philippinen ist um so schwieriger, als es sich um ein Land handelt, welches sich auf einer Fläche von etwa 300.000 km² erstreckt und aus über 7000 Inseln besteht, die oftmals keinen oder nur wenig Kontakt untereinander pflegten. Zwei Punkte unterscheiden die sprachliche Situation auf den Philippinen von der, welche die Kolonisatoren in Amerika vorfanden. Der philippinische Archipel war schon vor der Ankunft der Spanier mit fremden Kulturen in Kontakt gekommen, in dessen Folge es zu einer Vermischung der Kulturen und Völker kam. Dazu zählen beispielsweise Chinesen, Japaner und Portugiesen . Auf den Philippinen werden heute rund achtzig Sprachen gesprochen. Die wichtigste Sprache ist das Tagalog, welches die Basis für das Filipino, einer der offiziellen Sprachen der Philippinen, bildet. DIE ROLLE DER SPANISCHEN SPRACHE Der offizielle Status des Spanischen wird aus der derzeitigen Verfassung ersichtlich, in der es heißt, Spanisch solle auf einer freiwilligen Basis angeboten werden. Über 300 Jahre der Kolonisation haben Spuren hinterlassen, die dazu geführt haben, daß nun immer weniger Filipinos diese Sprache beherrschen beziehungsweise sie erlernen wollen. Heutzutage wird Spanisch als Wahlfach in Schulen und Universitäten angeboten, aber das Interesse ist vergleichsweise gering. Nach J. Lipski ist das gegenwärtige philippinische Spanisch zu einer noblen Sprache geworden, gepflegt von jenen, die sich wehmütig vergangener ruhmreicher Zeiten erinnern sowie von jenen, die ihre Studien in Europa absolviert haben oder deren direkte Vorfahren aus Spanien stammen . Die Prognose für das Spanische auf den Philippinen ist also nicht sehr optimistisch. Es gibt zwar Schriftsteller sowie einige Zeitungen, die in spanischer Sprache publizieren, aber sie sind wenige. Die spanisch sprechenden Generationen werden zahlenmäßig immer kleiner. Mit der reformierten Verfassung haben das Englische und das Tagalog, da offizielle Sprachen, sprachpolitisch gesehen große Macht erlangt und das Spanische an den Rand gedrängt. „Hoy, el escritor español es una figura solitaria, sin audiencia.” Aufgrund der Koexistenz so zahlreicher Sprachen auf den Philippinen bleibt ein gegenseitiger Einfluß nicht aus, was unter anderem die Aussprache betrifft. So tendieren die Sprecher dazu, die Vokale /e/ sowie /o/ zu schließen: he oido [é uído] oder (ellos) comen [kúmen] . Man kann hier den Einfluß des portugiesisch-basierten Kreols, aber ebenso den anderer indigener Sprachen vermuten, da diese häufig die gleichen Phänomene aufweisen. Auffallend ist die Realisation des Frikativkonsonanten /f/, der oft als /p/ ausgesprochen wird. Grund dafür ist auch hier die Nähe philippinischer Sprachen, in denen das Phonem /f/ nicht vorhanden ist und deshalb als /p/ realisiert wird: das spanische Wort café wird so zu capé. Die spanischen Phoneme /s/ und /0/ werden im Allgemeinen gleich, d.h. als /s/ ausgesprochen (Phänomen des Seseo). Es gibt einige Sprecher, die das /0/ realisieren, aber deren Zahl ist eher auf einen kleinen Kreis gebildeter Filipinos beschränkt . Auf der morphosyntaktischen Ebene konnten, so A. Quilis (1995), noch keine Einflüsse malaiisch-polynesischer Sprachen auf das Spanische festgestellt werden. Der markanteste Unterschied jedoch liegt im lexikalen Bereich. Man findet hier Archaismen neben Amerikanismen, ebenso Wörter, die ihre ursprüngliche Bedeutung geändert haben: abrazador (Art Kopfkissen). Dazu kommen Begriffe aus indigenen Sprachen, die übernommen wurden, um zum Beispiel Nahrungsmittel oder Gegenstände des täglichen Gebrauchs zu bezeichnen, für die die spanische Sprache keine Wörter kannte. Als Beispiel seien an dieser Stelle vapor (Schiff), sobretodo (Mantel) [= Archaismen], palay (Reis mit Schale) gegenüber arroz (geschälter Reis) [Entlehnung aus indigenen Sprachen] oder bolo (Machete mit gerader Klinge) beziehungsweise machete (Machete mit gebogener Klinge) angeführt. EINFLUSS DES SPANISCHEN AUF DIE INDIGENEN SPRACHEN Schon seit dem frühen 17. Jahrhundert gibt es Wörterverzeichnisse, die die Existenz von Entlehnungen aus der spanischen Sprache belegen. Deren Zahl ist keineswegs als vollständig anzusehen, da die Eintragungen vom Sprachbewußtsein der jeweiligen Autoren abhingen. Ein weiteres Problem zeigt sich beispielsweise in dem 1972 veröffentlichten Werk „Hispanismos en tagalo”, in dem etwa 40.000 Hispanismen aufgelistet sind. Dabei wurden allerdings keinerlei Einteilungen nach zeitlichen, sozialen oder funktionalen Gegebenheiten vorgenommen. Außerdem war man allein von der Schriftsprache ausgegangen. Aus diesen Erkenntnissen kann man keine Rückschlüsse auf den aktiven Wortschatz eines Individuums ziehen, da das vollständige Vokabular nie in der Sprache ein und desselben Sprechers vorhanden war . Der Anteil an Hispanismen im Tagalog beträgt laut Studien von Quilis 20,4%, im Cebuano sind es 20,5%. Gelegentlich kam es bei der Übernahme verschiedener Hispanismen zu einer Bedeutungsänderung, so zum Beispiel bei: spanisch agua > cebuano água (= Kolonie) oder spanisch barraca > tagalog baráka (= Markt). Auf der grammatikalen Ebene haben die philippinischen Sprachen beispielsweise das spanische Morphem für die Pluralbildung übernommen: tiyo/ tiya (Onkel/ Tante) oder lolo/ lola (Großvater/ Großmutter). CHABACANO Das Chabacano ist ein Sammelbegriff für die philippinischen spanisch-basierten Kreolsprachen. Man unterscheidet dabei folgende Sprachen: das in Cavite und in Ternate (in der Bucht von Manila) gesprochene Chabacano, ferner das Zamboagueño und das Davaueño sowie die in Cotabato und Umgebung (im Süden des Landes) gesprochene Kreolsprache. Das Ermiteño, 1942 noch von 12.000 Menschen gesprochen, ist heute ausgestorben, da das gesamte Gebiet während des Zweiten Weltkrieges von den Japanern zerstört wurde. Bedingt durch die geographische Differenz zwischen den beiden Sprachuntergruppen ist auch der Einfluß anderer Sprachen unterschiedlich groß. Im Norden des Landes dominiert das Tagalog, während die Kreolsprachen im Süden, auf der Insel Mindanao, cebuanische Einflüsse erkennen lassen. Spanische Formen oder Wörter, deren Ursprung auf den Molukken liegt, finden heute immer weniger Verwendung, das Englische und Tagalog aber erfahren eine Aufwertung. Es sind vor allem Jugendliche, die neue Wendungen, zumeist Amerikanismen, in die Sprache einbringen. So werden dem Englischen zum Beispiel Begriffe aus den Bereichen Bildung, Verwaltung oder Militär entlehnt. Das Chabacano beinhaltet alle Phoneme des Tagalog: Hinzu kommen einige Phoneme des Spanischen (z.B. / / oder / /) und des amerikanischen Englisch, wohingegen andere Phoneme nicht verwendet werden. Man kann also nicht sagen, daß hier eine Vereinfachung der Sprache stattgefunden hat. Es scheint vielmehr, als hätten die Sprecher bewußt einige Laute ausgewählt und andere wiederum ausgeschlossen, wie etwa /f/, /0/ oder /æ/ . Gleichermaßen wie im insularen Spanisch trifft man im Chabacano auf den Seseo, ebenso auf die Realisierung des Phonems /f/ als /p/: plores anstelle von flores. Das /h/ wird ähnlich dem spanischen /x/ ausgesprochen: gente [hénte]. Manchmal bleibt die altspanische aspirierte Variante bestehen: jablá [hablá] (= hablar) oder jacé [hasé] (hacer). Im Chabacano existiert im Gegensatz zum Standardspanischen nur ein einfaches /r/: rosas [rósas], welches wegfällt, wenn es am Wortende steht: caminá. Wörter werden im Allgemeinen mit ihrem jeweiligen Genus aus dem Spanischen entlehnt. Eventuell wird, um den Sachverhalt deutlicher darzustellen, mujer/ hembra (Frau) oder macho (Mann), angehängt, denn in Chabacano ist der Genus aus dem Artikel nicht ersichtlich. Es existieren lediglich ein bestimmter sowie ein unbestimmter Artikel: el und un: Cosa el precio? (Wieviel kostet das?) oder un muchacha nervioso für una muchacha nerviosa . Wie man an eben genanntem Beispiel sehen kann, sind auch die Adjektive in diesem Spanischkreol invariabel. Singular beziehungsweise Plural werden entweder wie im Spanischen oder durch Beifügen von mana (viel) gebildet: el mana/ maga compañera (die Kolleginnen). Das Verbalsystem des Chabacano ist relativ einfach. Das Präsens bildet man mit ta + Infinitiv, das Präteritum mit ya + Infinitiv. Die Zukunft drückt man je nach Chabacano-Varietät entweder durch ay + Infinitiv (Zamboagueño) oder durch de/di + Infinitiv (Kreol von Cavite) aus. Auffallend ist, daß im Chabacano wie etwa auch in den französischen Kreolsprachen, keine Kopula (d.h. das Verb sein) vorhanden ist: Cosa este? (Was [ist] das?) oder Donde el Señor Carlos? (Wo [ist] Herr Carlos?). Als vergleichendes Beispiel dazu ein Satz aus dem haitianischen Kreol: Fi a pli bèl pase on solèy, pli bèl pase on lalin. (Das Mädchen [ist] schöner als die Sonne, schöner als der Mond.) Der Imperativ setzt sich zusammen aus dem Infinitiv und dem Pronomen, welches vorangestellt ist, wenn es sich um einen positiven Imperativ handelt, und nachgestellt, wenn man jemanden anweist, etwas nicht zu tun: cantá kitá (cantemos) sowie no kitá cantá (no cantemos) . Man hat herausgefunden, daß etwa 90% der Wörter im Chabacano spanischen Ursprungs sind. Des weiteren finden sich (allerdings recht spärliche) Einflüsse aus indigenen Sprachen auf dem Gebiet der Lexik (ca. 2%) sowie einige Partikel und Morpheme, die insgesamt etwa 6% des Lexikons stellen. CHABACANO - KREOL ODER PIDGIN ? Zunächst gilt es zu klären, worin der Unterschied zwischen den beiden Termini Kreol und Pidgin besteht. Der Begriff kreolisch ist vom spanischen Wort criollo oder vom portugiesischen criolho abgeleitet worden und entstand im 16. Jahrhundert. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde er, in einer Übersetzung aus dem Spanischen, erstmals erwähnt und entwickelte sich im Verlauf der darauffolgenden Jahrzehnte zur heute bekannten französischen Form créole. Im Dictionnaire de Furetière (1690) liest man folgende Definition: „Criole : c’est le nom que les Espagnoles donnent à leurs enfants qui sont nez aux Indes...” . (Es handelt sich hierbei nicht um Indien, sondern um Amerika, das „westliche Indien”.) Mit criollo wurden also die in den Kolonien geborenen portugiesischen und spanischen Nachkommen bezeichnet, um sie von den in Europa geborenen, danach eingewanderten zu unterscheiden. Erst später hat man diesen Begriff zur Bezeichnung für die neu entstandenen Sprachen verwandt. Dies erklärt sich aus der Tatsache, daß diese bis dahin nicht als eigenständige Sprachen, sondern als korrumpiertes Spanisch beziehungsweise Französisch angesehen wurden. Eine Kreolsprache entsteht, wenn sich aus einem Pidgin eine in allen alltagssprachlichen Registern funktionierende Sprache zur Muttersprache einer Gesellschaft entwickelt. Unter einem Pidgin hingegen versteht man eine Sprache, die aufgrund ihrer reduzierten Lexik und Grammatik nicht als Muttersprache funktionieren kann, aber in bestimmten (begrenzten) Situationen als Hilfssprache zur Verständigung zwischen zwei oder mehreren Sprechergruppen dient. Die nach Keith Whinnom wohl bedeutendste Pidginsprache: „probably the most important pidgin language about which we have information” , über die uns Informationen vorliegen, ist die Lingua Franca (oder Sabir, von lateinisch sapere, Begriff seit dem 19. Jahrhundert verwendet). Dies war eine im gesamten Mittelmeerraum gesprochene Mischsprache, die sich aus französisch, spanisch, italienisch, arabisch und türkisch, den jeweiligen Sprachen der Händler, zusammensetzte. Ist nun das Chabacano als eine Pidgin- oder eine Kreolsprache zu bezeichnen? Edmundo Farolán, ein philippinischer Akademiker, der sich für den Erhalt der spanischen Sprache auf den Philippinen einsetzt, sieht das Chabacano als: „un dialecto que podríamos calificar de español aguado”, ein etwas wäßriges Spanisch. Aus seiner Sicht sei das Chabacano eine Art Pidgin-Spanisch, welches von hispanophonen Akademikern des In- und Auslandes mit Stirnrunzeln betrachtet würde: „Claro que el chabacano que es una especie de ‘pidgin espanol [sic]’ no es un lenguaje muy deseado y ésto puede causar por supuesto un ‘fruncir de ceño’ entre académicos en Filipinas tal como en países de habla hispana.” Am Ende seines Artikels verteidigt er jedoch das Chabacano und meint, daß das Chabacano für den an der spanischen Sprache interessierten Filipino gut als Hilfe bei der Annäherung an die Sprache Cervantes’ dienen kann . Wäre das Chabacano aber ein Pidgin, so müßte es doch eine Sprache sein, die - so die Definition - zur Verständigung zwischen Sprechern verschiedener Sprachen dient. Es gibt allerdings mehrere Varietäten dieses Spanischkreols, namentlich Caviteño, Ternateño, Zamboagueño, Davaueño und das Cotabato Chabacano. Chabacano kam im 17. Jahrhundert von den Gewürzinseln aus auf die Philippinen und ist heute Erstsprache von einigen 150000 Sprechern . Da eine Pidginsprache aufgrund ihrer bereits erwähnten reduzierten Lexik und Grammatik als Muttersprache einer Sprechergruppe nicht funktionieren kann, muß es sich beim Chabacano um eine Kreolsprache handeln. TAGALOG UND FILIPINO Das Tagalog ist eine der bedeutendsten philippinischen Sprachen. Sie wird vor allem von den Bewohnern Luzóns, der größten Insel des philippinischen Archipels, gesprochen. Tagalog gehört zu den malaiischen Sprachen, doch haben über dreihundert Jahre spanischer Kolonisation ihre Spuren zu einem großen Teil auch in dieser Sprache hinterlassen. Man findet jedoch ebenfalls Wörter chinesischen beziehungsweise englischen Ursprungs. Die oft nicht der spanischen beziehungsweise der englischen Norm entsprechende Schreibweise der entlehnten Wörter läßt sich dadurch begründen, daß diese meist oral, das heißt, nicht auf schriftlichem Wege, aus den jeweiligen Sprachen in die Zielsprache übertragen wurden. Die Sprache der Tagalen dient als Basis für das Filipino, der neben Englisch offiziellen Sprache der Philippinen. Als Beispiel dazu sei zunächst ein kleiner Text in Tagalog angeführt: „Pumasok ang guro sa silid-aralan dala ang kanyang mga aklat. Sumulat siya sa pisara sa pamamagitan ng tisa, at inutusan niya ang mga mag-aaral na kunin ang kanilang mga takdang-aralin.” Hier nun zum Vergleich die selben Sätze in Filipino: „Pumasok ang titser sa klasrum dala ang kanyang mga libro. Sumulat siya sa blakbord sa pamamagitan ng tsok, at inutusan niya ang mga estudyante an kunin ang kanilang mga asayment.” Wie aus diesen Zeilen ersichtlich wird, sind sich beide Sprachen sehr ähnlich, lassen jedoch Unterschiede beispielsweise im lexikalischen Bereich erkennen (cf. markierte Wörter in den beiden Textausschnitten). Die Sätze in Tagalog sind für jemanden, der der Tagalensprache nicht kundig ist, ohne Hilfe kaum oder nicht verständlich. Lediglich einige Entlehnungen aus dem Spanischen, wie hier das Wort pisara (von spanisch: pizarra = Tafel) geben gewissen Aufschluß über den möglichen Inhalt des Textes. Wendet man sich nun dem in Filipino verfaßten Text zu, erscheint aufgrund der aus dem Englischen beziehungsweise auch Spanischen entlehnten Wörter vieles verständlicher. Es handelt sich um einen Lehrer (titser - von englisch: teacher) und seine(n) Schüler (estudyante - von spanisch: estudiante), eine Situation in einer Schule also, weiter geht es um ein Buch (libro - unverändert aus dem Spanischen übernommen) sowie eine Tafel (blakbord - von englisch: blackboard) und Kreide (?) (tsok - von englisch: chalk). Somit ist der genaue Inhalt des Textes noch nicht erfaßt, wohl aber ist die Situation aus dem Kontext erkennbar. Der Name Filipino ist nach einem Beschluß des Philippine Congress im Jahre 1989 die neue Bezeichnung der Nationalsprache der Philippinen und bezieht sich ebenfalls auf deren Bewohner. Vor 1989 war die offizielle Sprache Pilipino, wurde in jenem Jahr aber in Filipino geändert. Eigentlich ist die Sprache Filipino laut Rudy Barlaan nur eine Umbenennung des Tagalog, vorgenommen aus politischen Gründen. Es gibt auf dem Archipel sehr viele andere Sprachen, so beispielsweise Cebuano. Dieses sei sogar weiter verbreitet als das Tagalog. Daraus ergeben sich Probleme unter den Sprechern des Cebuano, welche sich benachteiligt fühlen und Filipino nicht als die Nationalsprache anerkennen können oder wollen, da sie es immer noch als reines Tagalog unter anderem Namen sehen . Die oben zitierten Textausschnitte machen allerdings deutlich, daß es sich bei Filipino nicht nur um neu benanntes Tagalog handelt. Man findet in dieser Sprache zwar die gleichen grammatischen Strukturen vor, aber es gibt einige Unterschiede im lexikalischen Bereich. Doch ist der Wortschatz einer Sprache typologisch am wenigsten relevant, da es sich um ein recht instabiles System handelt, denn die Lexik ist, im Gegensatz zur Morphologie, offen für Fremdeinflüsse und kann sich unter Umständen innerhalb von Jahrzehnten spürbar ändern. Es ist zu vermuten, daß auch in Zukunft Entlehnungen aus anderen Sprachen, wie dem Englischen, in das Filipino erfolgen werden, so daß eventuell einige Begriffe malaiischen beziehungsweise spanischen Ursprungs zu Archaismen werden und als solche aus dem aktiven Wortschatz des Filipino verschwinden. Aber das ist ein Prozeß des Sprachwandels, der sich auch in anderen Sprachen vollzieht und der mit dem technischen Fortschritt und der Modernität einhergeht. In beiden Sprachen, sowohl in Tagalog als auch in Filipino, existieren literarische Werke; sie werden an verschiedenen Universitäten des In- und Auslandes, so beispielsweise in den Vereinigten Staaten, als Fremdsprachen angeboten, zumal nicht wenige Filipinos in den letzten Jahren in die USA ausgewandert sind, die dort weiter ihre philippinischen Traditionen pflegen möchten. SCHLUSSBEMERKUNG Die Existenz der spanischen Sprache auf den Philippinen ist mehr und mehr bedroht, da aufgrund mangelnden Interesses seitens der philippinischen Bevölkerung und einer immer geringeren Zahl hispanophoner Sprecher (etwas über 700000 Sprecher im Jahre 1969) die Weitervermittlung dieser Sprache an die jungen Generationen nur zögerlich geschieht. Spanisch hat nur mehr den Status eines Wahlfaches an Schulen und Universitäten und wird meist nur von jenen Filipinos erlernt, welche einen direkten Bezug zum Spanischen haben, das heißt, die in Spanien studiert haben oder deren Vorfahren von der Iberischen Halbinsel stammen. Das Spanische auf den philippinischen Inseln wird vielleicht in einigen Jahren oder Jahrzehnten von dem Archipel verschwunden sein, da es sich gegen die immer stärker werdende linguistische Macht des Englischen und des Filipino behaupten muß und sich aber wegen des geringen Interesses der Filipinos immer schwerer durchsetzen kann. Dies wird aus der im Jahre 1987 von der philippinischen Präsidentin Corazón Aquino erarbeiteten Verfassung ersichtlich, in welcher die eben genannten Sprachen zu offiziellen Sprachen erklärt, das Spanische allerdings auf ein und dieselbe Stufe mit dem Arabischen gestellt und ihm somit nur mehr eine freiwillige und wahlfreie Position zugestanden wurde. Es gibt zwar einzelne Bemühungen, die ehemalige Kolonialsprache weiterhin zu pflegen, unter anderem auch Schriftsteller, die in spanischer Sprache publizieren, aber ihre Zahl ist, verglichen mit anderen philippinischen Autoren, sehr gering. Vor allem finden diese auf den Philippinen, außer in kleinen Kreisen, fast kein Leserpublikum. Trotz aller negativer Prognosen um die Zukunft der spanischen Sprache wird jene nie ganz verschwinden, denn die Sprache lebt in den verschiedenen Varietäten des Chabacano, dem Ternateño, Caviteño, Zamboagueño, Davaueño und Cotabateño weiter. BIBLIOGRAPHIE: Bartens, Angela (1995). 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